Martina1963

Der Weg ins Ungewisse

Wie jeden Tag meines tristen Lebens ging ich alleine durch die Nacht, vom Nirgendwo in ein noch unbekanntes Ziel.
Und auch an diesem einen Tag meines frustrierenden Lebens, ließ ich meine
Gedanken schweifen, in der Hoffnung in den verschlungenen Windungen
meines verdrehten Verstandes einen Hauch positiven Gedankenguts zu
finden. In einem kurzen Moment der Besinnung auf das Hier und Jetzt,
bemerkte ich beim aufschauen, dass ich mich auf einer Strasse befand,
die ich weder kannte, noch freiwillig je eingeschlagen hätte.
Sie schien förmlich ins Nichts zu führen, soweit ich auch vor und zurück
blickte, war weder ein Anfang noch eine Ende dieser düsteren Strasse zu
sehen.
Es schien mir fast, als wäre ich seit Ewigkeiten auf dieser Strasse
gewandelt ohne es zu merken. Eine schier endlose Allee gesäumt von
toten Bäumen, vollkommen in Nebel gehüllt. Absolute, bedrohliche Stille
umgab mich, kein Windhauch, keine Vögel, nichts. Die Stille schien
alles in sich zu verschlucken, sie kam mir erdrückend, fast laut vor.
„Wie konnte ich nur hier her geraten? So lange war ich doch gar nicht
unaufmerksam gewesen! Das letzte an was ich mich zurück erinnere ist
eine asphaltierte Strasse. Dies hier ist doch nur ein unbefestigter
Weg.“ Ich blieb für einen Moment stehen und sah auf meine Uhr.

„Das kann doch nicht sein! Ich sah vor Stunden das letzte mal auf die Uhr,
kurz bevor ich in Gedanken versank. Es kann nicht immer noch 11.00 Uhr
sein! Steht sie vielleicht? Nein die Batterie war neu.“
Plötzlich pfiff mir ein eiskalter Wind durch das Haar.
Ich blickte auf.
Doch was sah ich? Dort zwischen den Bäumen schien es als liefe dort ein
Schatten. Ich sah mich um, doch niemand war dort, ihn zu werfen, noch
ein Lichtstrahl, ihn zu erzeugen. Und so schnell er auch aus dem Nichts
erschienen war, so schnell verschwand er auch wieder in ihm.
Ich sah ihm noch eine Weile ungläubig, fast schaudernd nach.
Dann plötzlich hörte ich vor mir ein Geräusch, als würde etwas auf mich zu
kommen, der Lautstärke nach zu urteilen hätte ich es schon längst sehen
müssen, doch es war nichts zu sehen.
Langsam begann ich an meinen Geistigen Fähigkeiten zu zweifeln. „Verliere ich langsam meinen Verstand?“
Mein Herz begann wie verrückt zu schlagen, sodass es sich anfühlte als wolle es aus meiner Brust springen.
Urplötzlich erschienen vor mir zwei gelb glühende Augen, die schier in der Luft zu
schweben schienen. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass ein
riesiger schwarzer Hund vor mir stand, es war mir fast so, als würde er
einen noch dichteren kalten Nebel mit sich bringen, der mir fast alle
Sicht nahm.
Er starrte mir in Die Augen, seine Blicke schienen mich förmlich zu durchbohren, so verharrten wir fast eine Minute.
Es schien mir als würde mich das schiere Böse aus seinen Augen heraus
anstarren. Mein Herz überschlug sich fast vor Schreck und mir lief es
eiskalt den Rücken hinab. Dann plötzlich sah er wieder nach vorne und
ging an mir vorbei, als wäre ich nicht existent.
Die Luft, die er nach sich zog, war undurchsichtig und schwer. Mir wurde
kalt und mir stieg der Geruch von Schwefel in die Nase. Eine panische
Angst überkam mich und ich lief weiter, ich rannte fast, irgendwann
müsste diese Strasse doch ein Ende haben.
Neben mir schien es als gingen dort Schatten in der bloßen Luft, auch wenn
sie nicht rannten, hatte ich das Gefühl, als verfolgten sie mich.
Ich wurde schneller, fast Kopflos floh ich vor etwas, dessen Existenz ich bis zu diesem Tage geleugnet hätte.
Auf einmal sah ich vor mir, dass der Weg eine Abzeigung machte, ich hoffte
dort ein Entrinnen aus diesem realen Alptraum zu finden. Ich bog ein,
doch auch dieser Weg schien endlos zu sein. Der Schwefelgeruch, den ich
vorhin wahrnahm, wurde immer stärker und beißender, er schien sich in
meine Atemwege einzubrennen. Ich bekam kaum noch Luft. Ich blieb einen
Moment stehen und rang nach Atem, da hörte ich wieder ein Geräusch. Es
waren Schritte, die eindeutig von einem Menschen stammen mussten.
Doch entgegen aller Logik gab mir dies weniger das beruhigende Gefühl nicht
mehr allein zu sein sondern viel mehr wuchs eine unsagbare tiefe
Urangst die den Menschen seit je her bekannt ist, in mir, doch niemand
sich je getraut sie beim Namen zu nennen. Sie war jene Angst, die jeder
Mensch einmal in seinem Leben verspürt, doch nie mehr jemandem davon zu
berichten vermag.
Ich drehte mich hektisch nach der Abzweigung um, in der Hoffnung diesem Übel zu entgehen.
Doch wie von Geisterhand entfernt, war diese jetzt verschwunden.
Starr vor Angst und schier gelähmt blieb ich also stehen und blickte in die
Dunkelheit dem Geräusch entgegen, doch so sehr ich mich auch
anstrengte, ich vermochte nichts zu erkennen.
Ich lauschte, und mir war so, als würden die Schritte verstummt sein.
Plötzlich verspürte ich einen eisigen Hauch in meinem Nacken, der
meinen Namen zu flüstern schien.
Blitzschnell drehte ich mich um und sah direkt in ein blutrot leuchtendes Augenpaar,
umgeben von einer schwarzen, riesigen Siluette.
Dieses Ding sah mir direkt in die Augen und es war mir so als ob es mit mir
spräche, obgleich stumm und ohne Worte, schien es mir Gedanken in den
Kopf zu projizieren. Gedanken über alles verwerfliche und schlechte,
was ich in meinem Leben tat und dachte.
Es war fast so, als wäre er selbst eine Manifestation dessen.
Und auch der Dolch, den er in diesem Moment an meiner zitternden Kehle
ansetzte, schien förmlich zu glühen. Und woher auch immer ich dies zu
fühlen glaubte, aus meinem blanken Hass, Neid und anderen schlechten
Gedanken geschmiedet worden zu sein.
Ich verspürte einen brennenden Schmerz, als er mit der Klinge langsam
meinen Hals durchschnitt. Ich spürte, wie mein Blut langsam und warm
meinen Körper herunter rann. Ich hätte mir wohl niemals, nicht einmal
in meinen kühnsten Träumen gedacht, dass ich einmal auf solche Weise
für mein Leben hätte büßen müssen.
Kraftlos und zu tiefst betrübt sank ich zu Boden und sah noch wie er langsam
fort ging und je weiter er sich entfernte umso schwacher erkannte ich
ihn, bis er förmlich verschwand.
Dort, wo ich vorher ihn sah, erschien eine schwere Tür, mit letzter,
verzweifelter Kraft, schleppte ich mich dort hin und griff nach der
Klinke.
Jedoch bevor ich diese zu fassen vermochte, öffnete eine unsichtbare Macht die
Tür und ich blickte in eine gleißend helles, weißes Licht.
Nun schien meine Seele geläutert und ich hoffte dort nun endlich den Frieden zu finden, den ich in meinem Leben nie fand.


Zeichen
auf dem Weg  

Ein Mann schickte seine beiden Söhne Tambu und Rafiki hinaus, um sich in den Dörfern umzusehen. Sein Auftrag: "Hinterlasst Zeichen auf euerem Weg!" Die beiden Söhne machten sich auf den Weg.
Nach wenigen Schritten schon begann Tambu Zeichen zu machen. Er knüpfte einen Knoten in ein hohes Grasbüschel, dann ging er ein Stück weiter und knickte einen Zweig an einem Busch. Dann knüpfte er wieder einen Knoten ins Grasbüschel. So war der ganze Weg, den er ging, voll Zeichen. Aber er zog sich von allen Menschen zurück und sprach mit niemandem.


Ganz anders verhielt sich sein Bruder Rafiki. Er machte keine Zeichen am Weg.  Aber im ersten Dorf setzte er sich zu den Männern im großen Palaverhaus, hörte zu, aß und trank mit ihnen und erzählte aus seinem Leben. 
Im nächsten Dorf schloss Rafiki Kontakt mit einem Jungen, der ihn in seine Familie mitnahm und in die Dorfgemeinschaft einführte. 
Im dritten Dorf bekam Rafiki von einem Mädchen bei sengenden Hitze einen kühlen Trunk angeboten und durfte das Dorffest mitfeiern.


Tambu bekam von alledem nichts mit; er hatte Arbeit mit seinen Grasbüscheln und geknickten Zweigen.

Als die beiden Brüder nach ihrer Heimkehr dem Vater von ihren Erlebnissen erzählten, machte er sich mit ihnen auf den Weg.

Überall wurde Rafiki mit seinem Vater herzlich aufgenommen, Tambu aber kannte kein Mensch.

"Ich verstehe nicht, warum mich keiner kennt", sagte Tambu "alle sind zu Rafiki freundlich, der nichts anderes als geschaut und unnützes Zeug gesprochen und so die Zeit vertan hat. Kein einziges Grasbüschel hat er geknüpft und wird von allen gekannt und geehrt.
Da sagte sein Vater: "Es gibt noch andere Zeichen als Grasbüschel, mein Kind: Das sind Zeichen, die ein Mensch in den Herzen anderer Menschen hinterlässt, wenn er zu ihnen geht, mit ihnen spricht und ihnen seine Freundschaft zeigt. Solche Zeichen in den Herzen der Menschen bleiben, wenn die Grasbüschel längst von Tieren gefressen oder vom Wind weggetragen sind."


Da sagte Tambu: "Ich will auch lernen, solche Zeichen auf meinem Weg zu hinterlassen, wie Rafiki."